Samstag, 6. August 2011

Tag 18 auf 19: Was fúr eine Nacht !?

Das Wetter am Balaton ist gerade richtig daneben und daher habe ich die Zeit, etwas ausführlicher zu schildern, was sich in Budapest nach Verlassen des Internet Cafes noch abgespielt hat...


DIE NACHT IRGENDWO IN BUDAPEST


Ich wollte gegen frühen Abend eigentlich nur noch raus aus der Stadt, um einen günsitgen Campingplatz zu suchen. Eine ungefähre Route hatte ich im Kopf, ohne wirklich eine Karte zu haben ... bzw. die Karten, die ich hatte, war nur sehr grob.

Doch dann der Wendepunkt, ab dem alles anders wurde: Ein Franzose sprach mich an und empfahl mir eine andere Route. "Weniger Autos und eine schönere Strecke", meinte er (er sprach sowohl Englisch als auch Deutsch, was fúr einen Franzosen sehr aussergewőhnlich ist). Ich hörte auf ihn, fuhr auf die andere Uferseite der Donau, überquerte auch noch einen "Donauableger". 15 KM später sollte mich laut Aussage des Franzosen eine andere Brücke wieder zurück auf die "richtige" Uferseite der Donau bringen.

Nach ca. 6 KM fragte ich zwei Leute, die beide meinten, die Brücke existiere aber gar nicht. Ich fuhr daraufhin zurück und hatte mich in der Dämmerung dann völlig verfranzt. Ohne Karte, ohne Licht abends irgendwo in Budapest...tolle Situation...! Ich fragte viele Leute, keiner kannte in der Gegend einen Campingplatz. Diese befinden sich scheinbar alle recht weit im Norden der Stadt und ich wollte Budapest südwestlich verlassen.

Ich schien ziemlich gelackmeiert zu sein und überlegte, was wohl zuerst passieren würde. Würde mich die Polizei wegen des fehlenden Lichtes anhalten und mir die Weiterfahrt untersagen? Oder würde ich Opfer eines Verbrechens werden? Hier liefen sehr, sehr viele komische Gestalten herum. An einer Bushaltestelle sah ich zum Beispiel, wie einer Frau eine Spritze auf den Boden fiel, die wohl eher nicht vom Arzt verschrieben war, um es mal vorsichtig auszudrücken. Die Radwege waren zugleich auch für Fußgänger gedacht und zudem sehr schmal. Würde sich mir ein Fußgänger in den Weg stellen, um mich anzuhalten und eventuell auszurauben (ich war wie gesagt mitten in einer üblen Gegend Budapests), hätte ich keine Fluchtmöglichkeit gehabt. Ich hätte zwei Möglichkeiten gehabt: Gas geben und hoffen, dass er zur Seite ausweicht oder anhalten. Zum Glück geschah zunächst nichts...

Auf die Strasse konnte ich übrigens auch nicht ausweichen, da diese viel befahren waren und weil ich wie gesagt ohne Licht unterwegs war; also blieben nur die Gehwege! Ich überlegte dann, ob ich die Nacht einfach vor einem 24h-DriveIn-Schalter von McDonald´s verbringen sollte, damit wenigstens jemand Hilfe hätte holen können, wenn mir etwas geschehen sollte.

Auf der Suche nach einem McDonalds mit einem solchen rund um die Uhr geöffneten Schalter kam ich dann an einer Tankstelle vorbei. Hier fragte ich nach einem Schraubenschlüssel für mein Licht am Rad. Ich bekam auch einen. Während der Montage kam dann eine ältere Frau, schätzungsweise Mitte 50, vorbei. Ich fragte wieder nach einem Campingplatz, sie kannte keinen.

Als sie aus der Tankstelle wieder herauskam, redete sie wild auf Ungarisch auf mich ein. Wir stellten einander vor und durch viel Gestikulieren wurde mir klar: Sie bot mir an, dass ich bei ihr schlafen könnte. Während wir zu ihrer Wohnung marschierten, sagte sie immer wieder etwas wie "dobras ajuru, ok?". Ich verstand sie natürlich nicht, ahnte aber, dass sie damit eine Gegenleistung meinte. Sie zeigte auf mein Rad. Ich überlegte, ob sie mein Rad für die Übernachtungsmöglichkeit haben wollte. Doch das hätte ich ihr natürlich niemals überlassen!

Ich folgte ihr erst einmal einfach weiter, nahm bald im Wohnzimmer Platz und schaute gerade ihre Urlaubsbilder an der Wand an, als auf einmal ihr Mann hereinkam, der seine Frau dann wild anschrie. Ich verstand natürlich kein Wort von all dem, war mir aber über eines im Klaren: Ihm gefiel meine Anwesenheit ganz und gar nicht! Mir war die ganze Situation extremst unangenehm!

Doch er schien mehr auf seine Frau als auf mich sauer zu sein, denn er zeigte mir das Badezimmer, als er sich abreagiert hatte und bot mir die Dusche an. "Was für ein sympathischer Mensch", dachte ich voller Ironie.

Ich legte mich nach dem Duschen auf die Couch und wollte schon ins Land der Träume verschwinden. Denn für mich war die Sache durch: "Ich darf hier schlafen - was hab ich doch für ein Glück gehabt, dass ich auf diese selbstlose, hilfsbereite Dame gestoßen bin!", dachte ich. Doch dann ging das Licht wieder an und die Frau kam herein. Ihre Miene nicht mehr so freundlich wie zuvor.

Sie machte mir mit einem Handzeichen deutlich, dass sie Geld haben wollte und meinte wieder "dobras ajuru!". Als sie "Forint, Ajuru" sagte, wurde mir endlich klar: "Ajuru" sollte "Euro" heißen!! Ein wenig ähnlich klingt es sogar, aber ich hätte im Traum nicht daran gedacht, dass jemand das Wort "Euro" so schlecht ausspricht. Ich habe auch schon andere Ungarn das Wort "Euro" aussprechen hören ... da klang es völlig anders!

Doch es blieb die Frage: "Was heißt dobras?" Sie verstand einfach nicht, dass ich kein Wort Ungarisch spreche und somit keine Ahnung hatte, was "dobras" heißt. Ich weiß es übrigens nach wie vor nicht! Ein paar Momente lang dachte ich, die Beiden würden nun all mein Geld wollen. Dann versuchte ich, an einer Uhr an der Wand, die Anzahl an Euro zu erfragen, die sie haben wollte. Sie verstand mich nicht!

Ich wollte um jeden Preis verhindern, dass sie mein Portemonnaie sah bzw. einen Blick hinein erhaschen konnte, bevor sie mir den Betrag nennen würde, den sie für die Übernachtung haben wollte. "Sonst würde es sicher teuer werden!", dachte ich. Als ich ihr dann minutenlang per Zeichensprache zu verstehen geben wollte, sie sollte mir die Zahl aufschreiben, kamen wir irgendwann auf einen Nenner.

Sie verschwand zunächst aus dem Raum, relativ zornig und ich sah vor´m inneren Auge schon den Mann mit einem Prügel in der Hand ins Zimmer stürmen, weil sie vielleicht dachte, ich würde nicht zahlen wollen. Doch sie hatte mich tatsächlich endlich verstanden und kam kurz darauf mit einem Block und Stift zurück ins Wohnzimmer. Ich gab ihr dann die 20 Euro, die sie auf dem Block forderte und achtete sehr darauf, dass sie nicht sah, wie viel Geld ich noch dabei hatte - jegliches Vertrauen von meiner Seite war dahin!

Zudem wartete ich, bis die Beiden eingeschlafen waren, um dann noch meinen Wertsachenbeutel unter meine Decke zu holen, ohne dass die Beiden es bemerkten. Mein Misstrauen mussten sie ja nicht so direkt zu spüren kriegen. Ich kann nicht wirklich einschätzen, ob sie mir einfach nur helfen wollte und nebenbei ein bisschen aus meiner Notsituation Kapital schlagen wollte oder ob das Ganze ein Versuch war, möglichst viel Geld abzustauben. Ich glaube aber, dass sie es in erster Linie gut meinte, aber dann vielleicht noch Druck von ihrem Mann bekommen hatte, mir doch noch ein paar Euro abzuknöpfen.

Wie dem auch sei...ich schlief jedenfalls für die Umstände recht gut und verabschiedete mich dann morgens früh von der Frau. Den Mann bekam ich nicht mehr zu Gesicht.

Was war das bloß für eine Nacht? Im Nachhinein war es mir die 20 Euro allemal Wert. Wer weiß, wie ich die Nacht irgendwo im Süden Budapests sonst erlebt hätte? Zudem eine Geschichte, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde! Ich hoffe, der Bericht ist nicht zu ausführlich geworden ...

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